Heimatliebe küsst Fernweh

Tropische Wälder. Paradiesische Strände. Pulsierende Metropolen. Rebecca Schirge liebt es, die Welt zu entdecken. Auf dem Blog „Rebeccas Welt“ nimmt sie ihre treue Fangemeinde immer mit auf die Reise – in die Nähe, in die Ferne, zu den Menschen, die sie kennenlernt und zu den Geschichten, die sie erlebt. An einen Ort aber kehrt die 36-jährige Weltenbummlerin immer wieder gern zurück: in ihre Heimatstadt Bielefeld.

"Das Handy aus der Hand zu legen, den Laptop auszuschalten und einfach nur zu lesen – das ist für mich purer Luxus ..."

Rebecca, ohne welchen Gegenstand würdest du niemals reisen?
Das kommt drauf an. Sobald ich beruflich unterwegs bin, ist es mein Smartphone, weil es zu meinen wichtigsten Arbeitsgeräten zählt. Es ist für mich Navigationsgerät, Fotoapparat und Tonband zugleich.

Und wenn du privat im Urlaub bist?
Dann packe ich meine Bücher ein und es ist Digital Detox angesagt! Das Handy aus der Hand zu legen, den Laptop auszuschalten und einfach nur zu lesen – das ist für mich purer Luxus, für den ich auf beruflichen Reisen keine Zeit finde.

Wie wird man denn Reisebloggerin? Kann man einfach damit angefangen?
Klar, es hindert einen ja keiner. Aber es steckt ganz schön viel Arbeit dahinter. Es ist nicht damit getan, eine Website zu bauen und Social­Media-Kanäle zu erstellen. Viele unterschätzen den Aufwand und geben ihren Blog dann recht schnell wieder auf.

Du aber hast dein Ding durchgezogen – und dir mit deinem Blog #RebeccasWelt schnell eine kleine, aber treue Fanbase aufgebaut.
Ja, zunächst startete ich einen privaten Reiseblog, auf dem ich meinen Freunden und meiner Familie schöne Urlaubsgrüße senden wollte. Die waren dann ganz begeistert und motivierten mich, immer mehr ins Netz zu stellen – und den Blog für die Öffentlichkeit freizugeben.

Am Strand liegen, sich ein laues Lüftchen um die Nase wehen lassen, schöne Bilder für Insta knipsen – und dafür auch noch Geld bekommen. Wie viel haben solche Vorstellungen mit deiner Reiserealität zu tun?
Nach außen mag es für viele so aussehen, als mache man dauernd Urlaub, aber so ist es leider ganz und gar nicht. Meine Arbeitstage dauern nicht selten zwischen 12 und 15 Stunden. Wir machen vor Ort den ganzen Tag Interviews, Tonaufnahmen, Videos und Fotos.

Wer macht eigentlich die Fotos?
Hinter den schönen Bildmotiven steckt mein Freund Lukas, der mich als Fotograf auf allen meinen Reisen begleitet und seine professionelle Kamera-Ausrüstung immer mit im Gepäck hat.

Was passiert, wenn euch Petrus im Stich lässt? So einen Traumstrand bei bielefeldermäßigem Nieselregen wollen deine Fans ja sicher nicht sehen.
Nee, sicher nicht (lacht). Das kann aber immer mal passieren und macht den Arbeitstag noch länger als ohnehin schon. Zurück in der Unterkunft geht es nämlich erst so richtig los. Dann schreibe ich die Texte, plane die Posts für verschiedene Social-Media-Kanäle, schneide die Videos und bearbeite die Fotos – und zwar je nach Wetter mal mehr und mal weniger.

Das klingt nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig. Wie behältst du trotz dieser pickepackevollen Tage deine Leidenschaft fürs Reisen?
Ich bin abenteuerlustig und zum Glück nicht auf die Einnahmen durch meinen Blog angewiesen. Sonst würde es ganz schnell passieren, dass das Reisen seine Schönheit verliert und Orte austauschbar werden – und das wäre sehr schade.

Du lebst also nicht von deinem Blog?
Nein. Das können nur die ganz Großen und das sind nur ein paar wenige, das geht dann meist über Werbung und Affiliate-Links. Aber auch für mich ergibt sich immer wieder mal die Chance, etwas zu verdienen – zum Beispiel, wenn ich Texte und Fotos der Reisen an Magazine, Zeitungen oder Kunden verkaufe. Hauptberuflich arbeite ich nämlich als freiberufliche Redakteurin. Immerzu unterwegs zu sein, wäre auch gar nicht mein Ding. Ich mag es ja auch zu Hause in Bielefeld (lacht).

Welche Reise ist dir in besonders schöner Erinnerung geblieben?
Einer der schönsten Orte, die ich je gesehen habe, waren die Seychellen. Ich hatte als Kind einige Reisesendungen angeschaut, die dort gedreht wurden, und wollte unbedingt einmal in meinem Leben dorthin.

Und du hast dir diesen Traum erfüllt?
Ja, ich hätte früher nie gedacht, dass dieser Traum eines Tages wahr wird. Als ich dann plötzlich an einem dieser Postkartenstrände stand, konnte ich es kaum fassen, wirklich dort zu sein. Das ist ein Moment, den ich nie vergessen werde.

Kannst du dich denn auch an Momente erinnern, in denen wirklich alles schiefgelaufen ist?
Oh ja! Ich habe einen sehr empfindlichen Magen – und zwar nicht nur, was ungewöhnliches Essen betrifft, sondern auch stürmische Bootsfahrten. Als ich in Neuseeland unterwegs war, bekam ich die Chance, mit Delfinen in freier Wildbahn zu schwimmen.

Hört sich doch super an!
Na ja, die Begegnung mit den Tieren war schon unvergesslich. Leider aber habe ich dank meiner Seekrankheit mehr Zeit über dem Eimer als mit den Delfinen im Wasser verbracht.

"Zurzeit denke ich über Schottland nach. Meine Mutter wurde dort geboren und ich war das letzte Mal als Kind da."

Das hast du in deinem Blog aber verschwiegen ...
Nee, auch solche Sachen finden ihren Platz. Weil sich meine geplanten Aufzeichnungen für den Reisepodcast in diesem Zustand aber etwas schwierig gestalteten, habe ich einfach über die Situation berichtet. Denn den anderen Leuten auf dem Boot ging es übrigens genauso. Das ganze Schauspiel glich eher einer Zombieparade als einem entspannten Bootsausflug (lacht).

Dein Blog und dein Podcast drehen sich auch um nachhaltiges, bewusstes Reisen. Was bedeutet das für dich?
Darunter verstehe ich, möglichst umweltfreundlich unterwegs zu sein. Also am besten an regionalen Orten, die zu Fuß, mit dem Rad oder der Bahn zu erreichen sind. Auf der anderen Seite gibt es aber auch viele Gegenden in der Welt, die vom Tourismus leben. Ich habe schon tolle Eco-Projekte in Sri Lanka oder Nordthailand besucht, die ganzen Dörfern als Lebensgrundlage dienen.

Gibt es Orte, die auf deiner To-do-Liste stehen und die du unbedingt einmal sehen willst?
Zurzeit denke ich über Schottland nach. Meine Mutter wurde dort geboren und ich war das letzte Mal als Kind da. Ich kann mich daher nicht mehr so richtig an die Landschaften erinnern – glaube aber, dass sie mir wahnsinnig gut gefallen würden!

Wo geht’s denn als nächstes hin?
Ende Juni besuche ich ein Eco-Resort in Griechenland. Die verfolgen dort das Farm-to-Table-Konzept: Das Essen kommt also sozusagen direkt vom Feld auf den Tisch. Als Gast kann man sogar bei der Ernte und Zubereitung helfen. Darauf freue ich mich sehr!

Wo fühlst du dich am wohlsten? Im Gebirge, am Meer, in der Großstadt oder in der Wüste?
Weder noch, am wohlsten fühle ich mich im Wald (lacht). Ich bin definitiv ein naturverliebter Typ, das bestätigen mir auch meine Freunde immer wieder.

"Bielefeld ist keine hippe Trendstadt und gerade das macht das Leben hier so entspannt."

Na, dann bist du in Bielefeld ja genau richtig!
Absolut, ich habe das Grün quasi direkt vor meiner Haustür und wandere super gerne im #TeutoburgerWald! Erst vor ein paar Wochen bin ich im Kreis Lippe gewandert, vom Silberbachtal zum Velmerstot – eine wunderschöne Landschaft. An den Felsen hätte man auch gut „Ronja Räubertochter“ drehen können.

Du reist so viel und kennst die entlegensten Ecken dieser Welt. Wie entlegen oder attraktiv findest du denn Bielefeld?
Bielefeld ist keine hippe Trendstadt und gerade das macht das Leben hier so entspannt. Man hat nicht dauernd das Gefühl, etwas zu verpassen, und trotzdem kann man viele schöne Dinge unternehmen. Bielefeld ist perfekt, um runterzukommen, zu arbeiten und Zeit mit Freunden zu verbringen.

Das heißt, du kehrst immer wieder gerne zurück?
Ich liebe die Stadt. Ich bin hier aufgewachsen, habe mein Abi am Friedrich-von-Bodelschwingh-Gymnasium gemacht, an der Uni Bielefeld studiert – und lebe seit weit über zehn Jahren in Gadderbaum. Ich bin glücklich hier! Aber ich weiß nicht, ob ich für immer in Bielefeld wohnen bleiben möchte, so ein schönes Haus auf dem Lande mit Blick auf Wiesen wäre schon langfristig was Schönes, nur fehlt dafür derzeit noch das Geld.

Gibt es Dinge, die Bielefeld anderen Orten voraushat?
Das Gesamtpaket. Von meiner bezahlbaren Altbauwohnung mit Garten bin ich zu Fuß in fünf Minuten im wunderschönen Wald. Trotzdem sind es mit dem Rad auch nur etwa fünf Minuten in die Altstadt – so eine geniale Kombination wie Bielefeld bieten wenige andere Städte!

#RebeccasWelt
Reisen, Natur, Kultur, Eco-Fashion, Yoga, Wellness und gutes Essen – der Blog unserer Interviewpartnerin handelt von allen ihren Herzensthemen. Die Fotos kommen von ihrem Freund Lukas.

www.rebeccaswelt.de

#TeutoburgerWald
Wo sich früher Arminius und seine Kumpanen mit den Römern kabbelten, wandern heute Naturburschen und Mädels über Stock und Stein. Zu den zahlreichen Sehenswürdigkeiten gehören die Externsteine, das Hermannsdenkmal und das Unesco­-Weltkulturerbe Kloster Corvey.

www.teutoburgerwald.de

30. August 2019
Dennis Salge

RubrikLeute, Leute
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